Modulometer 2021
Elektronische Musik von : Thomas Aitken, Manuel Auer, Sohrab Badeei, Benedikt Berner, Attilia Cernitori, Stefan Grimus, Noëmi Haffner, Sven Henriksson, Seo Yoon Jang, Leon Liang, David Maresch, Julius Meisse, Magdalena Moser, Felix Pöchhacker, Hanna Rebel, Georg Schenk und Miguel Segura.Freitag 21. Mai 2021 19:00h (7pm Central European Summer Time)
Photo (c) 2020 Anthony P. Kuzub unter CC BY-SA 3.0 Lizenz
Alle Künstlerinnen und Künstler studieren an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien.
ProgrammHannah Rebel - Achtundachtzig Tasten (3min50, Pure Data)
"Ich habe meine Komposition Achtundachtzig Tasten genannt, weil ich mir Aufnahmen von Klaviertönen, Akkorden und Glissandi gearbeitet habe, die ich am Klavier aufgenommen habe. Interessant waren für mich all die Klangfarben, die durch die Arbeit mit Pure Data aus den Aufnahmen entstehen konnten. Jede weiße und jede schwarze Taste des Klaviers kommt in der Komposition vor, alle achtundachtzig Tasten. Trotzdem klingt diese natürlich nicht wie ein Klavierstück, sondern eröffnet eine neue, unbekannte Welt voller Klangfarben, die nur manchmal hörbar dem Klavier zuzuordnen sind. Das Stück endet mit einem kurzen, hohen Triller."
Benedikt Berner - Well done! (5min02, Pure Data)
"Das Stück Well done! beschäftigt sich mit zwei Klangaspekten. Einerseits mit voraufgenommenen Geräuschen, die beim Essen und Trinken (mit Besteck) entstehen und in weiterer Folge bearbeitet wurden. Andererseits mit einer auf Sinustönen basierten Klangatmosphäre, welche das Füllen des Magens und den weiteren Verdauungsvorgang simulieren soll. Mittels eines Controllers, der auf Druck reagiert, werden diese Klänge durch den Akt des Essens und Trinkens ein weiteres Mal verändert und verzerrt, sodass bei jeder Performance eine neue Klangkulisse entsteht."
Sebastian Henriksson - Recycled Saxes (3min17, Pure Data)
Sohrab Badeei - Melodies (2min21, Pure Data)
"Bei diesem Stück habe ich zwei Melodien am Klavier gespielt und aufgenommen und mit den im Unterricht gelernten Effekten mehrere Melodien konstruiert. Im weiteren Verlauf werden diese Melodien bis zur Unkenntlichkeit verändert und steigern sich dynamisch wie klanglich zu einer Klimax. Danach ebbt die Spannung langsam ab und die beiden Anfangsmelodien treten wieder in Erscheinung. Das Stück endet mit einem langsamen Fadeout dieser Melodien."
Attilia Kiyoko Cernitori - Mintaka (4min25, Pure Data)
"Mintaka ist konzipiert als quasi 'Kammermusikstück' zwischen die Natur, unser natürliches Instrument, das Instrument, das der menschlichen Stimme am nächsten ist, und dem Computer. Der elektronische Teil der Musik wird daher als Instrument behandelt."
Hao Wu - ruach (5min49, Pure Data)
"The feeling of soft water or air, spirit is alive."
Georg Schenk - Vater komm erzähl vom Krieg (3min24, Pure Data)
"Das Stück Vater komm erzähl vom Krieg stützt sich im Titel auf das gleichnamige Gedicht des österreichischen Lyrikers Ernst Jandl. Laut Jandl drückt sich in der Absurdität der geschilderten Situation die Absurdität des Krieges aus. Die Musik soll zu dem Gedicht eine klangliche Atmosphäre schaffen.
Vater komm erzähl vom Krieg
vater komm erzähl vom krieg
vater komm erzähl wiest eingrückt bist
vater komm erzähl wiest gschossen hast
vater komm erzähl wiest verwundt worden bist
vater komm erzähl wiest gfallen bist
vater komm erzähl vom krieg
Julius Meisse - On the edge (7min32, Pure Data)
"Meine Komposition on the edge ist dem Namen entsprechend so konzipiert und angelegt, dass es bei den Zuhörern ein Gefühl von Stress und Nervosität hervorrufen soll. Dabei sind die Hauptelemente des Stückes - tiefe, drohnenartige Bässe auf der einen Seite und flimmernde, zittrige Klänge in hohen Lagen auf der anderen - fast ausschliesslich durch ein zufälliges Verfahren generiert worden. Hauptinstrument des Werkes ist eine synthetisierte Orgel, deren gesamtes Spektrum derartig ausgereizt wird, dass die Komposition auch nicht von Instrumentalmusikern spielbar wäre."
Seo Yoon Jang - Zuhause (3min02, CDP und Reaper)
"Zurzeit werden die Leute aufgrund der aktuellen Corona-Krise gezwungen, nur zu hause zu bleiben, und dieses Stück enthält die Sorgen darüber wie man diese Situation überwindet und nutzen kann. Die Hauptmaterialien dieses Stückes sind die Klänge, die nur aus dem Klavier entstammen. Außerdem wurden alle Materialien nicht mit professionellen Geräten aufgenommen, sondern nur mit einem Mobiltelefon, es existieren deshalb absichtliche Mängel in den Aufnahmen. Ich habe hierfür nur Gegenstände verwendet, die in meinem Haus vorhanden waren und ich wollte zum Ausdruck bringen, dass begrenzte Situationen auch ein neuer Anreiz sein können."
Thomas Aitken - JO -- Originell/Original für fixiertes Medium auf vier Kanälen (hier in der Stereoversion) (6min13, CDP und Reaper)
"Diese Klangsammlungen stammen alle von einer Aufnahme einer Version des schottischen Volksliedes Auld Lang Syne aus dem Jahr 1911, ironischerweise gesungen von einem Amerikaner, Frank C. Stanley. Dieses Werk ist für mich als Schotten eine sehr perönliche Art der Klangerzeugung, ich hoffe jede und jeder kann davon etwas mitnehmen."
Felix Pöchhacker - intergalactic Airport terminal (6min, Pure Data)
"Intergalactic Airport terminal ist in der ursprünglichen Idee ein Instrument. In Pure Data erzeugt, sind in einer Konsole unterschiedliche Klänge mit eigenen Steuerparametern sichtbar. Die Spielenden können nun selbst entscheiden, welche Klänge sich mischen, wie laut sie sind und vor allem haben sie die Möglichkeit, die Klänge selbst zu beeinflussen. Es entsteht ein Gemisch aus sprechenden Robotern, Alientrommelkreisen und Weltraumgitarren. Die vorliegende Aufnahme ist also nur eine Version, um auch ohne den Pure Data Patch in die Klangwelt eintauchen zu können"
Manuel Auer - Hidden (3min53, Pure Data)"Das Stück verarbeitet eine Aufnahme meines Induktionsherds, während dieser ein Schnitzel anbrät. Aufgrund der Wechselwirkung zwischen dem Mikrofon und der durch diesen Prozess entstandenen elektromagnetischen Felder, befinden sich auf der Aufnahme zum einen akustische Erscheinungen innerhalb des menschlichen Hörvermögens, welche in Wirklichkeit jedoch nicht wahrnehmbar sind; zum anderen enthält die Aufnahme auch Aufzeichnungen von Geräuschen außerhalb des hörbaren Frequenzbereichs eines durchschnittlichen Erwachsenen. Beide Phänomene werden in diesem Werk so modifiziert und kombiniert, dass sie eine neue Klangwelt ergeben."
Noëmi Haffner - Prove the Mistake für Stimme und Pure Data (9min)
"Das Stück behandelt das Gedicht Dream - it is good we are dreaming von Emily Dickinson. Es geht um eine Zeit in der unsere Träume die einzige Flucht zu sein scheinen. Die Flucht vor der brutalen Realität, die oftmals kaum zu ertragen ist. Der Tod ist unumgänglich und allgegenwärtig. Schreckliches passiert auf unserer Welt. Also träumen wir und spielen wir, bis wir die Augen öffnen und sehen müssen, dass es unsere Wirklichkeit ist. Es ist weiser zu träumen."
Bei dem Stück handelt es sich um einen Mitschnitt einer Performance, in der die Stimme vorab aufgenommen wurde und die Elektronik live gespielt wurde. Es ist eine Vorarbeit für das Stück 'Phantasm' für Gitarre, Stimme, Weingläser und Pure Data.
Magdalena Moser - Variationen über ein Fugenthema Johann Sebastian Bachs (2min53, Pure Data)
"Den Variationen über ein Fugenthema Johann Sebastian Bachs liegt die Fuge bzw. das vorangestellte Tutti aus Präludium, Trio und Fuge in B-Dur BWV545b zugrunde. Es ist ein 5-teiliges Werk bestehend aus Präludium, Adagio, Trio, Tutti und Fuge, welches im Gegensatz zur C-Dur-Fassung BWV 545 relativ selten gespielt wird. Lange Zeit wurde Bachs Autorschaft stark in Zweifel gezogen; mittlerweile zählt es zu jenen Werken, 'für die Bachs Autorschaft nach heutigem Wissen entweder als gesichert gilt oder zumindest ernsthaft in Betracht zu ziehen bleibt' (Vorwort zu NBA IV/11 (S. V ). Dennoch ist das Werk recht umstritten und wurde beispielsweise als 'kurioses Konglomerat' bezeichnet (Bachs freie Orgelwerke, bachs-orgelwerke.de). Für meine Variationen über das Thema der B-Dur-Fuge habe ich eine eigene Aufnahme verwendet, die ich im Jänner 2021 an der Orgel der Pfarrkirche Gnas (Südoststeiermark) aufgenommen hatte. Das Stück besteht im Wesentlichen aus jener Aufnahme, ca. in der Mitte des Stücks integrieren sich zwei Synths in das Geschehen. Sie verstummen aber bald darauf wieder, bis das Fugenthema nach und nach immer mehr durchzuscheinen beginnt. Das Fugenthema wird mittels Frequenz-und Amplitudenmodulationen und Echoeffekten zunehmend verfremdet, bis es in seiner ursprünglichen Form am Ende des Stücks verklingt."
Miguel Segura - INSOMNE für Streichinstrument und Elektronik (2min51)
"Und lang und laut
ins Kirchenschiff der Nacht aufstrebend
erschallt die Sternenglocke,
während der bleiche Weihrauch steigt, Wolke für Wolke,
in die Leere aus der Nichtigkeit
anbetender Seelen."
(aus Nachtstück von James Joyce)
Juan Velázquez, Violine
Miguel Segura, Elektronik
Thomas Aitken - Manipulation Study Part two (4min15, Pure Data)"This is the second version of my attempt at bringing these sounds together. Hence, part two. Materialised through the Pure Data program it has been fascinating to work with a language that by no means works linearly; there is really no direction from left to right. It is in many respects a static visual representation of sound. Quite pure~, in a way."
Magdalena Moser - im Mai (3min35, Pure Data)"Das Stück Im Mai enstand nicht nur im Mai, es ist gewissermaßen auch eine Hommage an diesen Frühlingsmonat. Dem Wonnenmonat Mai wurde in der Historie bekanntlich - insbesondere im 19. Jahrhundert - vielfach in Gedichten, Liedern oder sonstigen Gattungen gehuldigt. Auch meine Inspirationsquelle stammt aus dem 19. Jahrhundert: Das berühmte Lied 'Im wunderschönen Monat Mai' aus dem Liederzyklus 'Dicherliebe' von Robert Schumann zu Gedichten Heinrich Heines bildet den Ausgangspunkt für mein Stück. Für die Realisierung habe ich ausschließlich Aufnahmen von Stimmen verwendet: zum einen Vogelstimmen, zum anderen meine eigene Stimme, sowohl gesprochen als auch gesungen."
Felix Pöchhacker/DJ Vollgas - lasst uns froh sein (2k21 special edition) (5min, Pure Data)
"In lasst uns froh sein (2k21 special edition) kehrt Österreichs beliebtester DJ seit Wolfgang Adolf Mozart endlich wieder auf die Laptopboxen und Iphone Kopfhörer des Landes zurück! In einem atemberaubenden Set greift Vollgas direkt in die DNA und mRNA von Techno, Hiphop und Klassik ein und bringt die Gebäude der Regelmäßigkeit zum Einstürzen. Die Pandemie ist bald vorbei - also Weg mit dem grauen Alltag, hinein ins Chaos und in die Lebenslust! Mit den Worten von Theodor W. Adorno - 'es is nix sicher in dem scheiß Leben also #yolo ihr Oaschwoazn!"
Leon Liang - Clusters (4min56, CDP und Reaper)
"Dieses Stück wurde ursprünglich als Feierstück Anfang 2021 konzipiert, während ich zu Hause in Sydney, Australien, war. Zu diesem Zeitpunkt war Australien fast COVID-frei, sodass das jährliche Silvesterfeuerwerk in jeder Stadt mit Live-Publikum veranstaltet werden konnte. Dies lieferte das Klangmaterial für das Stück, das aus einer Aufnahme des Countdowns des Publikums in Sydney zum neuen Jahr und einem Teil des Feuerwerks besteht, kombiniert mit ergänzenden Audioaufnahmen. Während ich das Stück komponierte, bemerkte ich, dass der Klang, den ich erzeugte, nicht nur dem originalen Feuerwerk ähnelte, sondern auch etwas ganz anderem: Der Entwicklung von kleinen Klangclustern, die sich schließlich zu einer riesigen Masse von Klangchaos ausweiten, fast wie eine musikalische Darstellung der aktuellen Pandemie. In ähnlicher Weise beginnen die Jubelschreie des Publikums andere Bedeutungen und Emotionen anzunehmen, wenn sie aus dem Kontext gerissen werden. Ich habe versucht, diese Mehrdeutigkeiten im gesamten Stück zu erforschen und zu nutzen, was als meine Reaktion auf die COVID-19- Pandemie verstanden werden könnte."